Vaterwunde
Dabei rückte die sogenannte Vaterwunde immer mehr ins Zentrum unseres Interesses. Bei genauerem Hinsehen wurde uns bewusst, dass die meisten unserer männlichen Klienten aufgrund unserer vaterlosen Gesellschaft nie die männliche Anerkennung und Aufmerksamkeit erfahren haben, nach der sie sich so sehr sehnen. Unbewältigte Konflikte mit ihren lebenden oder bereits verstorbenen Vätern hinderten sie an der Erfahrung authentischer Selbsterfüllung in ihrem Berufs- und Privatleben. Wahre Selbstverwirklichung war für sie unmöglich geworden.
Hierzu der große Richard Rohr in seinem Buch über Initiation und Männerspiritualität: „Manchmal frage ich mich, ob das nicht die größte Behinderung auf dieser Welt ist. Ich finde sie in allen Kulturen, besonders in solchen, in denen die Väter Machos sind, distanziert, süchtig oder emotional abwesend….“ (Richard Rohr, Adams Wiederkehr, 1. Aufl., München 2013, Claudius Verlag, S. 123f.)
Wir interpretierten die Vaterwunde in der folge als Form der allgemein menschlichen Herausforderung des Zwiespalts mit uns selbst und bemühten uns um Heilung. Heute glauben wir an die Möglichkeit der Befreiung über den Weg der Vergebung und Versöhnung. Gebrochenheit, auch in der Form der Vaterwunde, ist heilbar, wenn das Lieben im Männerherz geboren wird. Über den wiedergewonnenen Glauben an unsere eigene Vollkommenheit werden wir in die Lage versetzt, uns als ganze authentische Männer in wahrer Selbstverwirklichung zu erschaffen.